Qualitätssicherung in der Batterieproduktion mit CAQ-Software
Sensorik, Prozesssteuerung und Track & Trace im Detail
Die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien erfordert eine exakte und akribische Qualitätssicherung, um Ausschussraten zu minimieren, Sicherheitsrisiken zu vermeiden und eine gleichbleibende Leistungsfähigkeit sicherzustellen.
CAQ-Systeme leisten hier einen entscheidenden Beitrag, indem sie Qualitätsdaten aus der Fertigung erfassen, analysieren und Prozesse aktiv steuern.

Batterie-Produktion –
Die Herausforderungen
Für Konsumenten und Weiterverarbeiter ist die Batterie oft eine Black Box – zentrale Informationen bleiben verborgen.
Ab 2027 schreibt die EU deshalb einen digitalen Batteriepass vor, der verbindlich über grundlegende Parameter informiert:
- Materialzusammensetzung,
- Leistungsdaten,
- Lebensdauer,
- Bedingungen der Rohstoffgewinnung und den
- CO₂-Fußabdruck.
Eine weitere Regulierung mit erhöhtem Dokumentationsaufwand – ja. Doch gleichzeitig ein notwendiger Schritt, um intransparente und überteuerte Produkte zu vermeiden.
Digitalisierung in der Batterieproduktion
Die Digitalisierung in der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien ist eine besondere Herausforderung. Dies resultiert nicht zuletzt aus der erschwerten Rückverfolgbarkeit – von Eingangsmaterialien, die chargenweise palettiert geliefert werden, über die Identifikation von Fehlern und damit die Absicherung von Quality Gates bis hin zur Seriennummer eines Battery Packs, das im Fahrzeug verbaut wird.
Hinzu kommt, dass die Qualität jeder Prozessstufe stark von den Ergebnissen der vorangegangenen Schritte abhängt. Bereits geringfügige Abweichungen bei der Materialaufbereitung oder der Elektrodenbeschichtung können sich in späteren Prozessphasen, wie der Zellassemblierung oder der Formierung, signifikant auf Leistung und Sicherheit auswirken. Die digitale Verknüpfung dieser Prozessdaten ist deshalb essenziell, um Wechselwirkungen zu erkennen, Ursachenrückverfolgung zu ermöglichen und systematisch gegenzusteuern.

Unterschiedliche Anforderungen: LFP- vs. NMC-Zellen
Die Anforderungen an die Produktion können stark variieren – je nachdem, ob es sich bei der Zellchemie um Lithium-Eisenphosphat (LFP)- oder Nickel-Mangan-Cobalt (NMC) handelt. In der tiefergehenden Betrachtung nach individueller Zellchemie gibt es weiterhin große Unterschiede innerhalb beider Fertigungsverfahren von LFP- und NMC-Technik:
LFP-Zellen:
- Fertigung häufig in Trockenkammern mit extrem niedriger relativer Luftfeuchtigkeit (<1%), um Oxidation zu verhindern
- Feuchtigkeit kann die elektrochemischen Eigenschaften und die Lebensdauer negativ beeinflussen
NMC-Zellen:
- Aufgrund höherer Energiedichte und thermischer Instabilität ist eine präzise Prozesssteuerung erforderlich
- Besonders hoher Einfluss: Temperaturführung bei der Formierung sowie der sichere Umgang mit dem Elektrolyten
Doch wie genau funktioniert die Qualitätssicherung? Welche Sensoren sind angebunden? Wie erfolgt das Track & Trace – von einzelnen Materialchargen bis zur vollständigen Baugruppen-Serialisierung?
Qualitätssicherung durch Sensorik und Messsysteme in der Batterieproduktion
Eine zentrale Anforderung an die Qualitätssicherung ist die inline-fähige Überwachung kritischer Prozessparameter. Dies geschieht durch eine Kombination aus Sensortechnik, Messtechnik und automatisierten Prüfprozessen, die über OPC-UA oder MQTT in das CAQ-System integriert werden. Im Folgenden werden die wesentlichen Qualitätskontrollen entlang der Prozesskette beschrieben.
1. Elektrodenherstellung
Materialqualität und Beschichtungsprüfung
Die Elektrodenfertigung umfasst mehrere zentrale Prozessschritte:
- Mischen der aktiven Materialien
- Beschichten der Kupfer- (Anode) bzw. Aluminiumfolien (Kathode)
- Trocknung und Verdichtung der Schichten
Kritische Qualitätsparameter & Sensorik
Dabei werden mehrere kritische Qualitätsparameter überwacht:
- Partikelgröße und -verteilung: Erfassung durch Laserbeugungsspektrometer oder dynamische Lichtstreuung (DLS). Dabei handelt es sich typischerweise um Labormessgeräte zur chargenbegleitenden Kontrolle der Suspensionseigenschaften, insbesondere der aktiven Masse, vor der Beschichtung.
- Beschichtungsdicke: Kapazitive Abstandssensoren oder laserbasierte Dickenmessung (Triangulation). Diese sind inline in der Beschichtungsanlage verbaut und erfassen kontinuierlich die Schichtdicke über die Bahn in Längs- und Querrichtung.
- Porosität der Schicht: Indirekte Rückführung über kapazitive Sensorik oder bildgebende Verfahren wie optische Kohärenztomografie (OCT); typischerweise als Stichprobe im Laborumfeld oder ergänzend zur Inline-Analyse.
- Trocknungsgrad nach dem Coating: Inline-NIR (Near-Infrared)-Spektroskopie zur Bestimmung des Restlösungsmittelgehalts. Die Sensoren sind am Ausgang der Trocknungseinheit montiert und liefern kontinuierlich Feedback zur Lösemittelverflüchtigung, was wiederum Einfluss auf die Ofensteuerung und Bahnspannung hat.
Die Daten dieser Sensoren werden in Echtzeit über das CAQ-System mit Sollwerten (OT/UT, OEG/UEG) verglichen. Hierzu werden die erfassten Sensordaten beispielsweise über OPC-UA oder MQTT in das System eingespeist. Die Rohdaten durchlaufen eine Vorverarbeitung durch proprietäre Software, z. B. für die Anwendung messtechnischer Filter.
Anschließend erfolgt die Analyse anhand im Control Plan definierter Qualitätsgrenzen.
Dies erfolgt mittels Inline-Prüfungen und statistischer Prozesslenkung (SPC).
Falls Toleranzabweichungen auftreten, erfolgt entweder:
• eine Warnmeldung oder
• eine Korrektur im Prozess über die Steuerung (z. B. Anpassung der Beschichtungsgeschwindigkeit)
• sofern nötig, die Anpassungen von Toleranzgrenzen oder Prozessparametern im Control Plan.
Die Ergebnisse werden in einer zentralen Datenbank gespeichert und stehen für tiefgreifende Auswertungen und für die Untersuchung von Korrelationen mit anderen Prozessschritten zur Verfügung.
2. Zellassemblierung:
Inline-Kontrolle der Schweißnähte und Elektrolytbefüllung
Die Messtechnik in der Zellassemblierung ist direkt in die Anlagensteuerung integriert. Thermografische Sensoren zur Überwachung der Wärmeeinbringung sind typischerweise über industrielle Wärmebildkameras in die Schweißzellen eingebunden. Sie erfassen die Temperaturverteilung nach jedem Schweißvorgang und übermitteln die Daten automatisiert über OPC-UA-Schnittstellen an das CAQ-System. Röntgen- und Ultraschallsysteme sind stationär aufgebaut und werden in einem separaten Takt integriert, typischerweise mit robotergestütztem Handling zur Positionierung der Zellen. Die Messergebnisse werden mit CAD-Daten abgeglichen, um strukturelle Abweichungen zu detektieren.
Für die Elektrolytbefüllung erfolgt die Volumenüberwachung über magnetisch-induktive oder Coriolis-Durchflusssensoren direkt an der Dosiereinheit. Gravimetrische Kontrollen sind als Inline-Waagen unterhalb des Befüllstationskonzepts angebracht. Die Gehäusedichtigkeit wird in automatisierten Lecktestständen mithilfe von Helium-Massenspektrometrie oder Differenzdrucksensoren geprüft, ebenfalls mit direkter Rückkopplung an das CAQ-System.
In diesem Schritt werden die Elektroden gestapelt oder gewickelt, in ein Zellgehäuse eingebracht, kontaktiert und mit Elektrolyt befüllt. Die kritischen Parameter:
Die kritischen Parameter:
- Schweißnahtqualität (Tab Welding, Gehäuseschweißung):
• Thermografische Sensoren zur Überwachung der Wärmeeinbringung.
• Röntgen- oder Ultraschallprüfungen zur Analyse der Nahtstruktur. - Elektrolytvolumen: Magnetische Durchflussmessung oder gravimetrische Kontrolle.
- Gehäusedichtigkeit: Helium-Lecktest oder Differenzdruckmessung in Vakuumkammern.
Die erfassten Daten werden in Echtzeit mit den Prozessvorgaben abgeglichen, und nicht-konforme Einheiten werden automatisch ausgeschleust oder zur Nacharbeit markiert.
3. Formierung und Alterung:
Performance-Monitoring der Zellen
Während der Formierung erfolgt die Datenaufnahme vollständig automatisiert durch vernetzte Batteriezyklisierer. Die Geräte erfassen Spannung, Strom und Temperaturverläufe über den gesamten Lade-/Entladezyklus hinweg. PT100-Temperatursensoren oder Thermoelemente sind fest an den Zellhaltern installiert und erfassen die thermische Reaktion jeder einzelnen Zelle. Diese Sensoren sind über SPS-gesteuerte Schnittstellen direkt mit dem CAQ- und MES-System verbunden.
Für die Überwachung möglicher Gasbildung während der SEI-Bildung kommen in der Umgebung der Formierkammern H2- und CO₂-Sensoren zum Einsatz. Diese sind meist an das Anlagenleitsystem angebunden und liefern aggregierte Umwelt- und Sicherheitsdaten. Die Kombination dieser Messwerte ermöglicht eine Echtzeitüberwachung des Zellverhaltens und eine sofortige Klassifizierung der Zellen (z. B. OK, Nachprüfung, Ausschuss) durch das CAQ-System.
- Ladekurve und Innenwiderstand: Erfassung durch Batteriezyklisierer mit synchronisierter Impedanzspektroskopie.
- Temperaturentwicklung: PT100- oder Thermoelemente an den Zellkontakten.
- Gasentwicklung: Wasserstoff- oder CO₂-Sensorik in der Formierungsumgebung.
Diese Daten werden über MQTT-Schnittstellen an das CAQ-System übermittelt, das Auffälligkeiten sofort analysiert. Nicht-konforme Zellen können über ein automatisches Routing ausgeschleust oder zur Re-Testung geschickt werden.
Track & Trace:
Vom Material-Los zur Baugruppen-Serialisierung

Ein durchgängiges Track-&-Trace-Konzept stellt sicher, dass jede Batterie lückenlos zurückverfolgt werden kann. Die Herausforderung: Eine große Menge an Chargennummern, Prozessdaten und Umweltparametern muss konsolidiert und bis zur finalen Seriennummer der Batterie aggregiert werden.
- Materialverfolgung über RFID und QR-Codes
- Jede Materialcharge (Elektrodenfolien, Elektrolyt, Separatoren) erhält eine eindeutige ID.
- Beim Einbringen in die Produktion werden die IDs automatisch erfasst.
- Jede Verarbeitungseinheit erhält eine eigene Seriennummer, die mit den ursprünglichen Materialchargen verknüpft wird.
- Prozessdaten-Zuordnung über MES- und CAQ-Schnittstellen
- Alle relevanten Produktionsparameter werden mit der individuellen Seriennummer der Batterie verknüpft.
- Eine Datenbank speichert diese Zuordnung, sodass später jede Zelle einer Materialcharge und spezifischen Prozessbedingungen zugeordnet werden kann.
- Finalisierung und Baugruppen-Serialisierung
- In der Endprüfung erhält jede fertige Batterie eine eindeutige Seriennummer.
- Falls später Qualitätsprobleme auftreten, kann über das CAQ-System eine gezielte Rückrufaktion gestartet werden.
Künstliche Intelligenz als Ergänzung zur CAQ-Software

KI-gestützte Analyseverfahren können parallel zum CAQ-System über eine Schnittstelle integriert werden, um frühzeitig Muster und Anomalien in den Qualitätsdaten zu erkennen.
Ein typisches Beispiel ist die Identifikation von Beschichtungsfehlern,
Abweichungen in der Schichtdicke oder anderen strukturellen Defekten durch eine Kombination aus Machine Learning und statistischer Prozesskontrolle.
Die KI analysiert Inline-Messdaten von Laserbeugungsspektrometern, kapazitiven Sensoren und akustischen Emissionsprüfungen, um Muster zu erkennen, die auf ungleichmäßige Materialverteilung oder Fehler in der Elektrodenbeschichtung hindeuten.
Diese Daten werden mit Prozessparametern korreliert, um gezielt Prozessanpassungen vorzunehmen und Ausschuss zu minimieren.
Absicherung der Batterieproduktion durch CAQ-Software
Die Absicherung der Batterieproduktion durch CAQ-Software basiert auf der integrierten Erfassung und Analyse von Material-, Prozess- und Prüfdaten. Die Kombination aus inline-fähiger Sensorik, intelligenten Quality Gates, durchgängigen Track-&-Trace-Mechanismen und KI-gestützter Fehleranalyse ermöglicht eine nachhaltige Qualitätsoptimierung und sichert die Zukunft der Elektromobilität und stationären Energiespeicherung.
Schlüsselkomponenten der Qualitätssicherung
- Inline-fähige Sensorik
- Intelligente Quality Gates
- Durchgängige Track-&-Trace-Mechanismen
- KI-gestützte Fehleranalyse
Diese Kombination ermöglicht:
- eine nachhaltige Qualitätsoptimierung
- und sichert die Zukunft der Elektromobilität sowie der stationären Energiespeicherung
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Jonas Voss ist Prokurist bei Quality Miners und ein echter Experte im Qualitätsmanagement.
Mit viel Erfahrung in der Entwicklung und Umsetzung von Lösungen sorgt er dafür, dass CAQ-Systeme perfekt auf die individuellen Anforderungen der Kunden abgestimmt sind. Besonders schätzt er den direkten Austausch, um passgenaue Lösungen zu finden.